WIE VIEL BRINGT EISENGESCHIRR WIRKLICH?
Redet man über die oft zu niedrige Eisenzufuhr mit unserer täglichen Nahrung, so werden oft halb im Scherz Hinweise auf den Eisennagel im Apfel gegeben, der doch vielleicht das Problem lösen könnte, oder aber die gusseiserne Pfanne der Großmutter, die doch auch Eisen ins Essen abgeben müsste. Ja ist das denn wirklich so? Und kann das ernsthaft helfen? Eine nüchterne Betrachtung tut Not.
Der Apfel ist durchaus geeignet Eisen aus einem Nagel herauszulösen. Dafür braucht es nämlich, wie wir später noch feststellen werden, Säure. Theoretisch könnte ein mit Nägeln gespickter Apfel uns also helfen, unseren Eisenhaushalt aufzubessern. Es bleibt allerdings zu bedenken, dass für dieses Procedere auch wirklich nur Eisen in den verwendeten Nägeln vorhanden sein müsste und bitte sehr keine Metalle, die ihrer Gesundheit schaden könnten. Ob Sie das für den Allerweltsnagel aus dem Baumarkt, der sich möglicherweise durch eine Metalllegierung auszeichnet, die durch Beimengung von Chrom und Nickel primär nicht rosten soll, sicherstellen können, bleibt unbedingt zu bezweifeln.
Denn ein rostfreier Nagel wird erstens nicht wie gewünscht Eisen an den Apfel abgeben und andererseits unklare Mengen von Nickel und anderen Metallen enthalten. Sie ahnen es bereits: Das mit dem Nagel im Apfel lassen Sie besser bleiben.
Aber wie steht es um das Kochgeschirr von Großmutter? Es geht hier vor allem um die gusseiserne Pfanne oder den gusseisernen Topf. Wo ist nun der Unterschied zwischen dem Stahl des Nagels und Omas Gusseiserner Pfanne?
In der Eisenlegierung von Stahl ist der Anteil von Eisen höher als der aller anderen Metalle und der Kohlenstoffanteil liegt bei < 2 %. Liegt er höher als 2 % spricht man von Gusseisen. Omas Pfanne hat also keine rostfreie Edelstahlfläche, was das Eisen zunächst einmal leichter herauslösbar macht. Welche anderen Metalle allerdings in Omas Gusseisenpfanne verarbeitet wurden, entzieht sich meist unserer Kenntnis. Das macht die Sache schwierig, denn Nickel und andere unerwünschte Stoffe wollten wir ja eben nicht zuführen.
Für die, die es nun trotzdem versuchen wollen, bleibt allerdings die Frage zu beantworten, wie viel Eisen da tatsächlich vom zubereiteten Essen aufgenommen wird. Schon 1986 untersuchte Brittin in ihrer Arbeit „Iron content of food cooked in iron utensils” genau diese Fragestellung und veröffentlichte Ihre Ergebnisse im Journal of the American Dietetic Association. (1) Wie zu erwarten war, lösten vor allem saure Gerichte vermehrt Eisen aus dem gusseisernen Kochgeschirr. Apfelkompott (schon wieder die Äpfel!) aus dem gusseisernen Topf hat 25 Mal so viel Eisen wie aus anderem Kochgeschirr. Wenn die Forscherin nun feststellte, dass der Eisengehalt durch das Kochen im Eisengeschirr bei 18 von 20 Gerichten höher lag, dann beantwortet das aber noch nicht die Frage der absoluten Menge und der Verfügbarkeit für den menschlichen Körper.
Die Frage nach den absoluten Eisenmengen wurde von Prinsen Geerlings et al in ihrer Arbeit „Iron contents of Malawian foods when prepared in iron cooking pots“ untersucht. (2) Es wurde für drei Gerichte untersucht, um wie viel Gramm der Eisengehalt in der Mahlzeit durch das Kochen in Eisentöpfen zunahm:
Auch hier zeigte sich: Je niedriger der pH-Wert des Essens, also je saurer dies war, desto besser löste sich das Eisen aus dem Kochgeschirr. Auch mehrfacher Gebrauch des Kochschirrs erhöhte den Eisengehalt des Essens. Und die Mengen sind, wie wir gerade gesehen haben, durchaus relevant für die Eisenversorgung des Menschen (vgl. Eisenbedarf).
Bleibt die Frage zu beantworten, ob das Eisen im Magendarmtrakt auch gut aufzunehmen ist. Dass dem so ist, zeigte die Arbeit „Effect of consumption of food cooked in iron pots on iron status and growth of young children: a randomised trial” von Adish et al, die 1999 im Lancet veröffentlicht wurde. Demnach wuchsen Kinder in Entwicklungsländern mit verbreitetem Eisenmangel im Jahr 0,6 cm mehr, wenn Eisentöpfe anstelle von Aluminiumtöpfen verwendet wurden. Da Kinder im Wachstum besonders viel Eisen benötigen, sind diese Ergebnisse sehr gut nachvollziehbar.
(Bildrechte: Lucky Iron Fish®)
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Aufgrund der oben genannten Faktenlage entwickelten Forscher für Entwicklungsländer den so genannten Lucky Iron Fish®. Ein Kleiner, 200 g schwerer Fisch aus besonders reinem Eisen und geringster Belastung mit unerwünschten Metallen, der bei der Zubereitung von Mahlzeiten oder beim Aufkochen von Wasser mit in den Kochtopf gegeben wird. Die Sicherheit und Effektivität dieses Verfahrens untersuchten Armstrong et al. (3) Es konnte das Folgenden gezeigt werden:
Effekte durch eisernes Kochgeschirr sind also keine Ammenmärchen. Wenngleich die oben genannten Erkenntnisse vor allem für Menschen mit ausgeprägtem Eisenmangel von Bedeutung sind. Die Eisenaufnahme aus dem Magen-Darm-Trakt wird bei Eisenmangel nämlich deutlich gesteigert, so dass die eher kleinen Eisenmengen aus Kochgeschirr und Lucky Iron Fish® also gerade in Entwicklungsländern, wo der Eisenmangel noch weitaus häufiger anzutreffen ist als in westlichen Ländern, Effekte zeigen werden.
Für einen suboptimal versorgten Bürger aus westlichen Ländern, der sein Ferritinwert von 38 µg/l auf 100 µg/l steigern möchte, sind bei den kleinen Eisenmengen leider keine großen Effekte auf den Eisenhaushalt zu erwarten.
QUELLEN
(1) J Am Diet Assoc. 1986 Jul;86(7):897-901.
(2) Int J Vitam Nutr Res. 2004 Jan;74(1):21-6.
(3) Armstrong et al, Iron release from the Lucky Iron Fish® : safety considerations, Asia Pac J Clin Nutr 2017;26(1):148-155.